Kanzlerkandidat Steinbrück nimmt sich der Themen Finanzen und Außen im Wahlkampf selbst an. Außenpolitiker Steinbrück. Diese Aufteilung überrascht.
Das Kompetenzteam steht, alle Themenfelder sind besetzt. Bis
auf zwei: Außen- und Finanzpolitik. Um die will sich Kanzlerkandidat Steinbrück
selber kümmern. Über Finanzpolitik und
Steinbrück müssen keine Worte verloren werden. Hier fühlt er sich so heimisch
wie im Dortmunder Westfalenstadion, das
heute den Namen eines Versicherungskonzerns trägt.
Dass sich Steinbrück aber dem Feld der Außenpolitik eigens
annehmen will, überrascht. Zumal Außenpolitik für Kanzlerkandidaten üblicherweise
nur dann von Bedeutung ist, wenn sie a) staatstragende Bildern liefert oder b)
polarisiert. Der zweite Irak-Krieg oder der NATO-Doppelbeschluss sind die klassisch-historischen
Beispiele. Aber sonst? „Wenn ich in Köln-Bickendorf mit Jemandem über Abrüstung
diskutieren würde, der würde mich nur mit großen Augen angucken“, hat
SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich kürzlich in einer Fernsehdokumentation über
seinen Wahlkreis gesagt. „Dem geht es um den Arbeitsplatz und die
Sozialpolitik.“ Außenpolitiker der anderen Parteien im Bundestag würden wohl
nicht widersprechen. Arbeits- und Sozialpolitik, eigentlich primäre Themen
einer SPD in der Tradition einer Arbeiterpartei.
Natürlich muss ein Kanzlerkandidat alle Themen abdecken, ob
mit oder ohne (Kompetenz-) Team. Trotzdem steht gerade für Außenpolitik ein
versierter ehemaliger Außenminister wohl eher neben Steinbrück, als in zweiter
Reihe. Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier wollte und musste scheinbar auch nicht
in Steinbrücks Kompetenzteam. Steinmeier ist der Reserveaußenminister. Er ist das,
was Steinbrück für Finanzen ist: ein Garant. Warum also Steinbrück das Feld der
Außenpolitik im Wahlkampf überlassen?
Bei seiner außenpolitischen Grundsatzrede hat Steinbrück
verdeutlicht, dass Europapolitik für ihn Außen- und Sicherheitspolitik ist.
Europapolitik hat Priorität auf seiner außenpolitischen Agenda: Jugendarbeitslosigkeit, Staatsschuldenkrise, Vertrauenskrise und Legitimationskrise, sind seine zentralen Punkte. Die sich daraus ergebenden Reformnöte, hat er als „schwere“ Probleme der EU
und seiner Mitgliedsstaaten ausgemacht. Hier lässt sich durchaus Wahlkampf
machen, denn Bundeskanzlerin Merkel steht im Scheinwerferlicht Europas. „Ihre
Entscheidungen in der Krise sind schicksalhaft für Deutschland, aber auch für ganz
Europa“, wie Stefan Kornelius treffend schrieb. Also Attacke? Wahrscheinlicher ist, dass ein europapolitischer Wahlkampf in allen anderen Ländern der Eurozone besser
funktionieren würde als in Deutschland. Dort sind die Auswirkungen der Krise spürbarer.
Arbeitsplätze und Sozialpolitik in Deutschland vs. die
vielfältigen Probleme der EU. Was würde Ralf Mützenich wohl Steinbrück raten,
welches Thema die Menschen mehr bewegt? Vielleicht würde er aus Köln-Bickendorf
berichten, wo er sich bei Gesprächen mit Wählern über seinen Fachbereich sehr
zurückhält. Vielleicht würde er aber auch von einer Brücke berichten, die
kürzer ist, als es den Anschein macht: Jener von Europapolitik zu Arbeits- und
Sozialpolitik in Deutschland.
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